
Das Oxyfuel-Prinzip
Wie das Klimagas CO₂ aus dem Schornstein in den Tank kommt
Reiner Sauerstoff statt Umgebungsluft: Der Oxyfuel-Ofen ist eine Revolution in der Zementproduktion. Durch die veränderte Luftzufuhr ändert sich auch die Zusammensetzung der Abluft. Es entsteht ein CO₂-reiches Prozessgas, aus dem anschließend das CO₂ entfernt werden kann. Und auch andere Luftschadstoffe sinken.
Sauerstoff ist für Menschen und Tiere überlebenswichtig, doch nur ein kleiner Teil dessen, was wir atmen, ist Sauerstoff. Die Luft auf der Erde besteht zu 78 Prozent aus Stickstoff, zu 20,95 Prozent aus Sauerstoff, der Rest sind weitere Gase – unter anderem CO₂. Wenn wir irgendwo ein Feuer machen – sei es im heimischen Kamin, beim Grillen oder für Brennprozesse in großen Industrieanlagen – ist es der Sauerstoff aus diesem Gemisch, der das Feuer füttert.
Bei der Oxyfuel-Technologie dagegen speisen wir den Ofen mit reinem Sauerstoff. Das verändert den Brennprozess und die Abluft, die dabei entsteht. Da keine Umgebungsluft und damit kein Stickstoff mehr in den Ofen geblasen wird, fallen beispielsweise drastisch weniger Stickoxide an. Der CO₂-Anteil in der Abluft dagegen steigt erheblich. Während er bei Verbrennung mit Umgebungsluft bei etwa 15 Prozent liegt, beträgt er mit reinem Sauerstoff mehr als 90 Prozent. So entsteht ein CO₂-reiches Abgas, das wir als Prozessgas bezeichnen. Denn es wird nicht über einen Schornstein in die Atmosphäre geblasen, sondern in einem aufwändigen Prozess weiterverarbeitet.
Die hohe CO₂-Konzentration ermöglicht es, das Klimagas besonders gut zu entfernen. Dazu wird das Prozessgas in einer Carbon Processing Unit (CPU) gekühlt und gereinigt. Die Oxyfuel-Technologie sichert die Reinheit des Prozessgases. Das CO₂ kann so rein aufbereitet werden, dass es Lebensmittelqualität hat und Getränken zugesetzt werden könnte.

Ein perfekter Standort für grüne Kreisläufe
Klimafreundlich ist die Oxyfuel-Technologie erst, wenn sie mit grünem Strom betrieben wird. Der Energiebedarf eines Oxyfuel-Zementofens ist erheblich höher als der eines normalen Zementofens. Lägerdorf ist dafür ein perfekter Standort. Denn Schleswig-Holstein hat mehr Wind und Sonne für die Energieproduktion, als das Land benötigt. In Rethwisch betreiben wir bereits einen eigenen Windpark für die Versorgung des Werks Lägerdorf. Die Küstennähe bietet zudem gute Voraussetzungen für die Anbindung an Offshore-Windparks und grüne Stromlieferverträge.
Für den Zementofen verwenden wir reinen Sauerstoff. Diesen gewinnen wir in einer sogenannten Luftzerlegeanlage, die Sauerstoff aus der Umgebungsluft trennt. Die Anlage wird mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben, damit der gesamte Prozess klimafreundlich ist.
Das klimaneutrale Zementwerk mit Oxyfuel-Technologie und CPU realisiert Holcim gemeinsam mit Technikpartnern.
Mit thyssenkrupp Polysius als Anlagenbau-Partner entwickeln und bauen wir den Oxyfuel-Ofen der zweiten Generation.
Mit dem Industriegase-Spezialisten Linde Engineering arbeiten wir in der Planung der hochmodernen CO₂-Abscheideanlage zusammen, die das aufbereitete CO₂ in Lebensmittelqualität aufbereiten wird.
Im nahegelegenen Brunsbüttel sitzen Industrieunternehmen als potenzielle Nutzer des abgeschiedenen CO₂ im ChemCoastPark. Der Hafen Brunsbüttel bietet zudem die Möglichkeit zum Schiffstransport des CO₂.
Das Oxyfuel-Verfahren ist ein Meilenstein auf dem Weg von industriellen Prozessen hin zu umweltfreundlichen und nachhaltigen Produktionsmethoden. Dieses Projekt zeigt, dass innovative Technologien in der Industrie nicht nur die Umwelt schützen, sondern grüne Kreisläufe entstehen, die neue Chancen für die Nutzung von Ressourcen eröffnen.